Die Legende des Heidberger Schulgeistes II

Die Legende des Heidberger Schulgeistes II

Dann gingen beide ihren gewohnten Weg durch den Wald. Auf einmal zogen Wolken auf und der Wind zischte durch die Bäume. Ein klägliches Wimmern hallte durch den Wald. Das Herz von Tobi und Gabi klopfte wie wild. Gabi, die immer brav, fleißig und vernünftig war, zitterte. „Was… ist das…?“ Tobi zuckte mit den Schultern.

Fortsetzung

Nach kurzer Zeit hörten sie das Geräusch erneut. Es wurde immer lauter und lauter. „Ich glaube… wir… wir gehen direkt auf etwas zu!“, flüsterte Gabi heiser. Man hörte die Angst in ihrer Stimme. „Wo sollen wir denn sonst hingehen?“, fragte Tobi leise. „Es gibt keinen anderen Weg nach Hause.“ Man merkte, dass er sich sichtlich unwohl fühlte. Plötzlich sahen sie etwas zwischen den Bäumen. „Was war das?!“, flüsterte Gabi erschrocken. „Ich habe keine Ahnung!“, antwortete Tobi. Sie traten auf eine Wiese, auf der normalerweise Leute picknickten. Auch sie, aber in letzter Zeit nur ganz selten. Doch jetzt war hier niemand und am Himmel leuchtete der Vollmond weiß auf die Wiese, was eine unheimliche Atmosphäre erzeugte. Nebelschwaden zogen ihre Bahnen und alles sah auf einmal so finster aus. Dabei war es eigentlich helligster Tag! Es herrschte Stille auf der Wiese. Sie waren allein. Oder doch nicht?

Ein Schauer lief den Geschwistern über den Rücken als es im Gebüsch raschelte. Wieder hörten sie ein komisches Geräusch. Plötzlich sprang etwas aus dem Gebüsch direkt an Gabi und Tobi vorbei. Es war ungefähr zwei Mal so groß wie Tobi. Dieses Etwas, war leicht durchsichtig, und seine Gestalt verschwommen. „WAS WAR DAS?!?“, keuchte Gabi. Ihr Gesicht war so bleich wie das Etwas, das an ihr vorbei gehuscht war. Tobi trat einen Schritt zurück. „Ich weiß nicht... AHH, HILFE!!!!!“, kreischte Tobi. Etwas Kaltes hatte seinen Rücken berührt. Gabi klammerte sich an ihren Zwillingsbruder. Beide zitterten. Ein Heulen ertönte erst leise, dann immer lauter. Direkt hinter ihnen. Im Gebüsch. Gleichzeitig drehten sich die Geschwister wie in Zeitlupe um. Hinter ihnen war dieses Etwas. Nur dass es jetzt viel kleiner war. „Es schrumpft!“, keuchte Tobi. Nun war es fast so groß wie Tobi und Gabi! Der Nebel verschwand und man konnte die Gestalt genauer erkennen. „Ein Geist!“, flüsterten Tobi und Gabi fast zeitgleich.

Der Geist warf sich auf den Boden, schrumpfte leicht, und fing an zu schluchzen. Das war weniger furchteinflößend. Er hatte Ähnlichkeiten mit einem kleinen Jungen, nur war er ein wenig durchsichtig. Langsam fanden die Geschwister diesen Geist nicht mehr unheimlich. Sondern eher zerbrechlich und hilflos. Gabi nahm ihren ganzen Mut zusammen: „Wer… bist du…?“ Der Geist hörte langsam auf zu weinen und schaute sie vorsichtig mit großen Augen an. „Wieso redet ihr mit mir? Ihr… Ihr habt doch Angst vor mir. Das hat jeder.“, hauchte er verwundert mit rauer Stimme. „Ähm. Nein, eigentlich haben wir keine Angst vor dir! Du hast uns nur einen ordentlichen Schrecken eingejagt. oder Tobi?“ Gabi stieß mit ihrem Ellenbogen in Tobis Bauch. Doch Tobi antwortete nicht. Er war ganz steif und rührte sich nicht. „Oder Tobi?“, fragte Gabi mit herausfordernder Stimme.

Tobi erwachte langsam aus seiner Starre und nickte schnell. „Ja… klar… ähh“, krächzte er mit wackeliger Stimme. Der Geist blickte sie mit Tränen in den Augen an. „Irgendwie tut er mir leid“, flüsterte Tobi. „Das habe ich gehört“, meinte der Geist und fing wieder an zu weinen. Die beiden Geschwister standen ratlos herum, bis Gabi fragte: „Wie können wir dir helfen?“ Da fing der Geist noch mehr an zu heulen. „Das könnt ihr nicht… Jeder hat Angst vor mir… Ich bin ein Geist und ihr seid Menschen! Das passt einfach nicht…“ Wieder fing er leise an zu weinen. Tobi und Gabi schauten sich wortlos an. „Nicht alle haben Angst vor dir“, flüsterte Tobi. „Wir nicht“, erklärte Gabi. Plötzlich schien der helle Lichtschein einer Taschenlampe direkt auf sie drei. Sie sahen die Schatten einiger Menschen. Einer rief: „Hey, was macht ihr da?! Das ist ein Privatgrundstück!!!“ Für einen kurzen Moment saßen Gabi und Tobi einfach nur da. Dann liefen die Leute auf sie los. „Holt sie euch!“, schrie jemand.

Gabi und Tobi taten es ihnen gleich und stürmten wie vom Blitz getroffen in den Wald. Gabi wollte nach der Hand des Geistes greifen, doch… er war nicht mehr da… Sie lief mit Tobi durch den Wald, während das Licht des Mondes sie umhüllte. Gabi und Tobi zwängten sich durch Büsche, kletterten über Baumstämme und liefen Slalom um die Bäume. Doch die Erwachsenen waren ihnen dicht auf den Fersen. „Fang sie Noah. Du schaffst das!“, rief einer der Männer. Ein Junge der im Schatten der Bäume gewesen war, nickte und lief los. Er war schnell. Richtig schnell. Und er kam den Geschwistern näher. „Er holt auf!“, keuchte Gabi. Sie konnte langsam nicht mehr. Plötzlich wurden Tobi und Gabi von einer wabernden Gestalt hinter ein Gebüsch gezerrt. Sie knieten sich hinter den Busch und schauten zu, wie die Leute an ihnen vorbeirannten und sich verwirrt umschauten, als sie die Geschwister nicht mehr sahen. Sie liefen noch eine ganze Weile durch den Wald, bis sie dann irgendwann verschwanden. Endlich waren Tobi und Gabi alleine im Wald. Oder auch nicht…? Denn als sie sich umdrehten war der kleine Geist wieder bei ihnen. Gabi öffnete den Mund um sich zu bedanken aber dann viel ihr etwas ein. „Danke, aber… Wie heißt du jetzt eigentlich?“ Der Geist antwortete mit leiser Stimme.

„Mein Name ist Wunibald von Heidberg.“

Fortsetzung folgt…

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